Derzeit häufen sich Artikel zum Thema „Spazierengehen“, zum Beispiel „Spazio, ergo sum“ von Axel Hacke oder „Die unbekannte Rolle des Spaziergangs“ von Tamara Sill. Doch für mich gibt es einen anderen Zugang zum Thema „Zu Fuß unterwegs“. Durch den Blog der in Köln lebenden Autorin Wibke Ladwig lerne ich ihre Wege „zu Fuß ins Heimbüro“ kennen. Die Idee dahinter ist so einfach wie einleuchtend und gerade für Freiberufler:innen, aber auch für Homeoffice-Arbeitende, eine gute Möglichkeit für eine klare Trennung zwischem Privatem und Beruflichem. Als Freiberuflerin vor Arbeitsbeginn ein kurzes, immer gleiches Stück Wegs zu gehen, ist überzeugend: Dadurch wird der Wechsel zwischen Privatem und der Arbeit im Heimbüro sichtbar.
Und so startete ich vor genau einem Monat, am 19. Januar, den Selbstversuch: Raus aus dem Haus, den gefrorenen Boden auf Trittsicherheit geprüft, das Zwitschern der Vögel vernommen, losgegangen auf dem immer wieder gleichen Weg, beim Zurückkommen die Haustür geöffnet und gerufen: „Hallo, ich bin da, bereit für den neuen Tag mit der Arbeit im Heimbüro!“
Der Weg ins Heimbüro sollte möglichst immer der gleiche sein, also kein planloses Spazierengehen, sondern eben „mein Weg ins Heimbüro“. Meine Runde stand schnell fest: am „Mensaweiher“ vorbei, dann weiter zum „Denker“ und von dort wieder heimwärts. „Zum Denker“? Ja, „Denker“ wird sie in der Nachbarschaft genannt, diese Betonfigur auf dem Campus der TU München/Weihenstephan, die an Auguste Rodins „Penseur“ erinnert.
Um mehr über die Betonfigur zu erfahren, schaue ich in der Broschüre „Kunstpfad Weihenstephan“ nach, werde dort aber nicht fündig. So bleibt die Figur für mich „der Denker“. Anders als „Le Penseur“ in Meudon, der über Rodins Grab sitzt, ist der Campus-Denker gut erreichbar: er sitzt am Weg auf einem Mäuerchen, man kann ihn anfassen, ihn ganz nah von allen Seiten betrachten. Doch auch er wirkt manchmal in sich gekehrt und unnahbar. Vielleicht denkt er sehnsuchtsvoll an seinen Betonporsche in Konstanz? Dennoch grüße ich ihn gerne bei meinem täglichen Weg, freue mich, ihm zu begegnen, und schaue, wie er wohl gestimmt ist. Oder spiegelt meine Sicht auf ihn meine Stimmung wieder oder die der Natur?
Bei meinen Besuchen lerne ich ihn Tag für Tag ein bisschen genauer kennen und entdecke sogar seinen Namen (mehr über den Denker erfahrt ich unter dem ichtich-März-Beitrag „Selbstbau ….“).
„Ich trete vor die Tür“ – so beginnt Wibke Ladwig die Texte über ihren „Weg ins Heimbüro“. Nun mache ich es ihr nach, trete vor die Tür und mache mich auf meinen Weg, an den fünf Werktagen der kommenden fünf Wochen.
19. Januar
Der Tag Bricht an
20. JAnuar
aus Schnee und aus Beton
21. Januar
ein Stern leuchtet auf
22. Januar
Morgenglühen
25. Januar
Schneckenbesuch
26. Januar
Monets Brücke und freche Schnecke
27. Januar
„Here comes the sun …“ – Sehen und hören
28. Januar
Stangen und Denker mit Schneemann
29. Januar
Tau und Regen
1. Februar
Verloren
2. Februar
vom Eise befreit, nur für kurze Zeit
3. Februar
Regentropfen-Tag
4. Februar
Lauschen auf das, was kommt
5. Februar
„Frühling, ja du bist’s! Dich hab ich vernommen!“
8. Februar
bunte Geburstagsflocken
9. Februar
doch wieder Schnee?
10. Februar
der ____NEHMER Der __TZNehmer Der Platznehmer JAN 96
11. Februar
einfach Mal losradeln, auf und davon!
12. Februar
wachgeküsst
15. Februar
„Verweile doch …“
16. Februar
niemand bringt mir Faschingskrapfen
17. Februar
„Ein Morgen leuchtet hell ins Land …“
18. Februar
sich nahe kommen
19. Februar
Hört ihr die Krähen?
2 Gedanken zu „Eilend verweilend – auf dem Weg ins Heimbüro“
Marie-Lu
Das gefällt mir richtig gut. Eine wunderbare Idee -und eine tolle Umsetzung. Und neben dem positiven Einfluss auf Gesundheit und Arbeitsfreude ist der morgendliche Gang eine Schule der Wahrnehmung. Die Fotos und das Notieren von Gedanken und Assoziationen machen daraus eine originelle Form des Tagebuchschreibens…
Das gefällt mir richtig gut. Eine wunderbare Idee -und eine tolle Umsetzung. Und neben dem positiven Einfluss auf Gesundheit und Arbeitsfreude ist der morgendliche Gang eine Schule der Wahrnehmung. Die Fotos und das Notieren von Gedanken und Assoziationen machen daraus eine originelle Form des Tagebuchschreibens…
Eine wirklich schöne und gelungene Serie von Fotos und Gedanken ..